Dienstag, 16. Mai 2017

Gedanken über das Kopieren und Reproduzieren…





Aus aktuellem Anlaß...
Wie sooft nach einer Ausstellung finden sich meine Arbeiten ohne meine Erlaubnis
und zum Teil ohne Nennung meines Namens  im Netz veröffentlicht. Zu diesem Thema habe ich in meinem Buch COMPENDIUM TEXTILKUNST 1 einen Artikel geschrieben, der nachdenklich machen soll...




 Miro meets Picasso 2099 von Juliette Eckel

Gedanken über das Kopieren und Reproduzieren…

Immer wieder  wird nach Vorlagen bekannter Künstler gearbeitet. Natürlich könnte man gegenüber solchen Arbeitsweisen den Vorwurf des Plagiates erheben.
Hierbei sollte jedoch nicht vergessen werden, dass die Diskussion über das Kopieren und Reproduzieren so alt wie der Begriff Kunst selbst ist, denn seitdem es Kunst gibt, werden Werke kopiert. Bis zur Erfindung der technischen Reproduktion boten Kopien über Jahrhunderte die einzige Möglichkeit, Kunst zu propagieren. So bestanden auch oftmals Sammlungen, wie z.B. die Sammlung antiker Kunst Johann Wolfgang von Goethes aus Reproduktionen.
Viele der uns bekannten Skulpturen der griechischen Antike sind nachempfundene Reproduktionen aus  der Römerzeit.
Bis der Buchdruck erfunden wurde, war man bei der Vervielfältigung  auf handschriftliche Abschriften alter Texte angewiesen. Die hohe heutige  Wertschätzung gegenüber dem „Original“ ist eigentlich ein Produkt der Renaissance. Erst in dieser Zeit wandelte sich das Bild des ausführenden Handwerkers zugunsten des kreativen Künstlers.
Mit den ersten großen Kunstsammlungen entstand auch zeitgleich der Beruf des „Kopisten“. Gerade für viele junge Künstler bildete das Kopieren bekannter Werke oft die einzige Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Als berühmtestes Beispiel der Kunstfälschung  gilt die Kopie eines antiken Amor, die der junge Michelangelo Lorenzo de Medici als Original verkaufte.

Die Urform des heutigen Urheberrechtes geht auf Albrecht Dürer, der seinerzeit wie schon Luther vor den „Nachdruckern“ warnte und auf „Wert und Rang des Kunstwerks“ hinwies. Er verlangte dann auch von  Kaiser Maximilian I. einen umfassenden rechtlichen Schutz seiner berühmten Signatur, um sich vor Fälschern und  vor allem vor unautorisierten Kopisten zu schützen.

Obwohl die heutigen Gesetze zum Urheberrecht beispielsweise die Vervielfältigung zu eigenem Gebrauch, die Entlehnungsfreiheit  z. B. bei Zitaten sowie die Gestattung der öffentlichen Wiedergabe im Lehrbetrieb erlauben, möchte ich an dieser Stelle kurz auf dieses Thema eingehen.

Traditionell hat das Patchwork über lange Zeit das genaue Kopieren und Einhalten von Mustern propagiert, sogar gefordert.  Beispielsweise sei an den Quilt „Dear Jane“ erinnert,  der aus 169 unterschiedlichen Blöcken, die jeweils 4,5 x 4,5 Inches (ca. 11,5x11,5 cm) groß sind, einen Rand  aus insgesamt 52 Dreiecken in Patchwork-Technik und 56 Dreiecken,  aus einem Stück Stoff geschnitten und die 4 Ecken bestehend aus Rauten, die auch in Patchwork-Technik gearbeitet sein müssen, zu bestehen hat. Jane A. Stickle beschloss 1863   diesen Quilt erstmals aus insgesamt 5602 Teilen zu nähen und so wird er heute noch genau dem Muster entsprechend nachgearbeitet.

Vielleicht resultiert aus dieser Tradition bei vielen Quilterinnen, die sich auch dem modernen Patchwork zuwenden, der Versuch,  Arbeiten bekannter Textilkünstlern nachzuarbeiten. Auch sind  auf Patchwork Ausstellungen häufig Quilterinnen zu beobachten, die mit Digitalkameras  alle ausgestellten Arbeiten bis ins kleinste Detail abfotografieren. Es ist sicherlich nichts dagegen einzuwenden, dass man sich durch fremde Arbeiten inspirieren lässt, aber jede Künstlerin sollte versuchen, das bewunderte Werk in einen eigenen künstlerischen Kontext zu setzen und für sich weiter zu entwickeln. 

Auch der freie Umgang mit fotografierten Arbeiten, der dazu führt, dass sich diese Arbeiten ohne  Einverständnis der Künstler auf allen Internet-Portalen wiederfinden,  führt seit Jahren dazu,  dass Künstler  nicht mehr erlauben, ihre Arbeiten zu fotografieren. Der daraus resultierende  Frust der Besucher erstaunt immer wieder und zeigt, wie wenig die künstlerische  Arbeit von Textilkünstlern gewürdigt wird und, dass hier ein intensiver Dialog notwendig ist. 
J.Eckel



Siebdruck Collage mit Papier 


       
Die Brücke von Langlois 2008 von Juliette Eckel

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